30.10.2019

Erntedankfest – traditionell und hochaktuell!

Schw. Antje-Maria Wunderwald

Sonntagmorgen. Es ist Erntedankfest,

ich gehe Richtung Anbetungskirche. Wie meine Mitschwestern und so mancher Pilger bin ich gespannt auf den Erntealtar, den unsere Gartenschwestern und ihr Team immer mit viel Kreativität und Liebe vorbereiten. Schon als ich die Kirche betrete, sehe ich von weitem die Erntekrone aus Ähren, beim Näherkommen erkenne ich die Worte „Vater unser“, mit Nüssen und Blüten gelegt. Ich entdecke eine Vielfalt an Obst, Gemüse, Blumen und Kräutern, bis hin zu selbstgebackenem Brot. Der Anblick erfüllt mich mit Dankbarkeit und Freude über die reiche Ernte, die wir auch in diesem Jahr auf Berg Schönstatt wieder einbringen konnten.

Mehr als ein schöner Brauch

Es ist mehr als ein schöner Brauch, einmal im Jahr im Erntedankgottesdienst Gott, dem Schöpfer und Geber dieser guten Gaben, zu danken. Ja, es ist hochaktuell, denn es lässt einen anderen, tieferen Blick auf das Thema Umweltpolitik fallen, das in aller Munde ist und teils heftig diskutiert wird.

Das machte Herr Dr. Biberger uns auch in seiner Predigt bewusst. Er bezeichnete die Frage, wie das Verhältnis des Menschen zur Schöpfung und damit zu seiner Umwelt aussieht, als die Kernfrage, um die es letztlich in all diesen Diskussionen geht.

Ein Fest mit Bekenntnischarakter

„Wie darf der Mensch die Gaben und die Kräfte der Natur nützen? Welche Verantwortung hat der Mensch der Natur gegenüber? In welcher Beziehung steht der Mensch zur Natur? … Der Umgang mit der Natur zeigt somit immer auch an, wie der Mensch sich selbst sieht und welchen Platz er sich in der Schöpfung selbst zuweist. –

Auf diese Fragen gibt auch das Erntedankfest Antworten. Anders als früher, als das Erntedankfest zu den zentralen kulturellen Festen einer Gesellschaft gehörte, spielt es heute keine wirkliche Rolle mehr in unserer modernen Gesellschaft. Das Anliegen, für die Gaben der Natur zu danken, ist somit ein rein religiöses Anliegen geworden. Insofern bekommt das Erntedankfest in einer säkularen Gesellschaft einen Bekenntnischarakter, den es in den zurückliegenden Jahrhunderten in den westlich geprägten Gesellschaften nicht hatte, weil Religion, Kultur und Gesellschaft viel stärker miteinander verbunden waren.“

Impuls für den Alltag

Herr Dr. Biberger führte weiter aus, dass das Erntedankfest das Verhältnis zwischen Mensch und Natur verdeutlicht und darüber hinaus das Verhältnis des Menschen zu Gott. Und er gab abschließend den Impuls: „So lädt uns das heutige Erntedankfest ein, für die Gaben Gottes zu danken. Es regt uns aber auch dazu an, immer wieder neu darauf zu achten, dass wir der Natur mit Ehrfurcht und Respekt begegnen. Es erinnert uns an unsere Verantwortung der Schöpfung gegenüber, eine Verantwortung, die uns von Gott gegeben ist.“

Das gesegnete Brot vom Erntealtar gab später noch zum Nachkosten der Gaben und der Gedanken Gelegenheit. Jeder von uns kann auf seine originelle Art Möglichkeiten finden, ehrfürchtig mit der Schöpfung umzugehen. Ob ich mich medienwirksam für die Umwelt einsetze oder in meinem Alltag ungesehen sparsam mit Wasser und Energie umgehe, spielt dabei keine Rolle. Aber für mich als Marienschwester ist es wichtig, dass ich die Gaben, die Gott uns schenkt, nicht als Selbstverständlichkeit annehme, sondern sie achtsam nutze und ihm immer wieder dafür danke – wie Maria, wenn sie heute an meinem Platz stehen würde.

PREDIGT zum Erntedankfest 2019 (deutsch)