28.04.2020

Die Corona-Krise und meine Berufung

Sr. M. Anika Lämmle, Liebfrauenhöhe

Meine Berufung liegt gut 40 Jahre zurück. Wenn ich Berufung – und ich ergänze: meine Berufung – nicht als zeitlich festzumachendes Ereignis, sondern als Prozess oder Weg betrachte, erlebe ich durchaus einen Bezug zur Corona-Krise.

Ich habe meine Berufung in den 40 zurückliegenden Jahren als etwas Dynamisches erfahren. Da gab und gibt es die Höhenpfade mit Gipfelerlebnissen; die Talsohlen und Wüstenwege mit Durststrecken. Und dazwischen liegen die Alltags-Pfade.

Ausgesprochen dankbar bin ich für alle Impulse und organisatorisch eingebauten Chancen in unserer Gemeinschaft, aus der ureigenen Berufung zu leben, „die erste Liebe zu erneuern“, zum Anfang meines Weges zurückzukehren und in Fühlung zu kommen mit dem, was mich „damals“ erfüllt hat. Im Mai 2019 ist mir persönlich sehr in die Seele gefallen, was uns Schwester M. Aleja Slaughter, unsere Generaloberin, im Rahmen einer gemeinschaftsinternen Intensivzeit ans Herz gelegt hat: Wir sollen bewusst die Freude und Dankbarkeit für unsere Berufung pflegen, das setze Kräfte für Belastungsproben aller Art frei. Und genau dieses erfahre ich zurzeit.

Zwei Aspekte: „für“ und „wichtig und gebraucht“ sein

Für mich waren in meiner Berufungsgeschichte zwei Aspekte entscheidend: der des „für“ und die Erfahrung, „wichtig und gebraucht“ zu sein. „Es gibt mich für etwas Großes!“ So könnte ich meine damalige Erkenntnis und Motivation zusammenfassen. Dieses Große war einfach Schönstatt und Schönstatt für die Kirche. Mich ganz für Schönstatt, für die Kirche einsetzen, das war für mich nur denkbar als Schönstätter Marienschwester. Denn wir sind als Gemeinschaft für Schönstatt gegründet.

Maria für heute werden

Mit dem Hineinwachsen in die Gemeinschaft und in die Spiritualität Schön­statts bekam das „Große“ ein Profil, einen Namen: Maria für heute werden. Das heißt ganz Frau werden – wie Maria: ganz an Gott verschenkt und ganz den Menschen zugewandt.

Genau da ergeben sich durch die Beschränkungen in der Corona-Krise Chancen: persönlich und als Gemeinschaft Ideen zu entwickeln und umzusetzen, wie wir jetzt Menschen begleiten, im Glauben bestärken und im Gebet unterstützen können. Es erfüllt und motiviert mich, daran mitzuwirken.

In der Vorbereitung auf das Hochfest der Verkündigung des Herrn haben wir die Novene „Was immer auch ist: Mit Maria“ und den Rosenkranz gebetet und über die Internetseite der Liebfrauenhöhe zum Mitbeten eingeladen. (hier mehr) 

Vor der Karwoche haben wir die Initiative „Volle Kirche“ gestartet: dass wir unsere tägliche heilige Messe stellvertretend für die vielen feiern, denen der Verzicht auferlegt ist. Bis heute melden sich Menschen, um an dieser Initiative teilzuhaben. Ihre Namen, Anliegen oder Fotos legen wir in eine Herzdose, die bei der heiligen Messe auf dem Altar und tagsüber im Kapellchen bei der Gottesmutter liegt. Es bedeutet mir viel, dass ich diese Herzdose täglich von der Kirche ins Kapellchen und am Abend wieder zurück tragen darf.

An Ostern haben wir Osterlieder über unsere Außenbeschallungsanlage gesungen und gespielt, dass viele sie hören konnten. Und wir haben uns vom Projekt „Stiller Oster-Flashmob“ inspirieren lassen und die Osterbotschaft mit Straßenkreide auf den beliebten Fahrradweg unterhalb unseres Geländes geschrieben.

Ich bin neu dankbar geworden, Schönstätter Marienschwester zu sein, in und mit meiner Gemeinschaft die gegenwärtigen Herausforderungen als Chance zu nützen, um das, was uns aufgetragen ist, auf neue, andere Art und wieder ganz bewusst im Alltag zu leben.