Von der Kunst, einen besonderen Moment wahrzunehmen
In den letzten Wochen blühte die „Königin der Nacht“ vor unserem Heiligtum in Villa Maria in Kapstadt auf. Die „Königin der Nacht“ ist ein außergewöhnlicher Kaktus, der bis zu sieben Meter groß werden kann. Er hat bewundernswert große Blüten in Form majestätischer Seerosen. Wie der Name andeutet, öffnen sich die Blüten nur nachts und schließen sich in der Regel am nächsten Morgen wieder. Nur an kühlen, bewölkten Tagen können sie schon einmal offen bleiben.
Auf dem Weg zum Morgengebet ins Heiligtum erlebte ich mehrmals eine freudige Überraschung. Warum? Eine neue große Blüte schmückte den sonst gewöhnlich aussehenden Kaktus! Während ich in dem Moment freudig verweilte, wünschte ich mir eine Kamera, um dieses perfekte Bild festzuhalten! Als ich meine Kamera endlich holen konnte, begann die Blüte schon zu welken.
Kostbare Momente festhalten
Durch Covid-19 änderte sich unsere morgendliche Routine, je nachdem, wann wir im Laufe des Tages die heilige Messe feiern konnten.
Heute Morgen blühte zu meiner Überraschung eine weitere Blüte auf. Ich hatte sogar Zeit, meine Kamera zu holen und dieses erstaunliche Wunder der Natur im Bild zu festzuhalten.
Später, als ich das Bild bewunderte, musste ich denken – ist unser Leben nicht ebenso? Gott schenkt uns viele besondere Momente – selbst während einer globalen Pandemie. Ich betone das Wort Momente. So wie die Blüte, die nur eine kurze Zeit blüht, schenkt uns Gott kleine Momente der Gnade, der Liebe und der Fürsorge. Es liegt an uns, diese Momente aufzunehmen. Dafür brauchen wir keine Kamera, sondern ein offenes Herz. Es kann etwas so Einfaches sein: ein freundliches Lächeln von jemandem oder das Öffnen der Tiefkühltruhe und die Feststellung, dass ich mein Lieblingseis noch vorrätig habe.
Augenblicke der Freude aufschreiben
Ein bekanntes Zitat von P. Kentenich lautet: „Ein Kind lebt nur dem Augenblick.“
Als ich zum ersten Mal nach Südafrika kam, traf ich eine ältere Schwester, die blind war und bettlägerig. Ich war so beeindruckt von ihren strahlenden Augen und fragte, warum sie so glücklich war. Sie erklärte, als junge Schwester hatte sie einige Schwierigkeiten. P. Kentenich ermutigte sie, sich jeden Tag die Zeit zu nehmen und eine schöne Erfahrung aufzuschreiben, die sie erlebt hatte, und Gott dafür zu danken. Nach einer Zeit zeigte sie P. Kentenich ihr Notizbuch mit den kleinen Erfahrungen. Sie erzählte P. Kentenich, dass ihr das Leben irgendwie nicht mehr so schwer zu sein schien. Er ermutigte sie, diese Praxis zu bewahren. Getreu tat sie es, und es waren diese kleinen Augenblicke der Freude – die sie als Beweise für Gottes unendliche Liebe verstand, die sie in eine strahlende Marienschwester verwandelten.