Anfangs stand die Frage im Raum: Ist es wirklich der Wille Gottes, diese Stelle anzunehmen?
Als wir innerhalb der Gemeinschaft überlegten, ob ich die neue Aufgabe im Bischöflichen Ordinariat der Diözese Rottenburg-Stuttgart annehmen soll, war die Entscheidung gar nicht so einfach. Nach längerem Hin und Her fiel die Entscheidung positiv aus: Wir stimmen dieser Aufgabe zu.
Von Ewigkeit her?
Nun möchte ich Euch einladen, mit mir zu entdecken, wie die göttliche Vorsehung uns durch kleine Zeichen gezeigt hat, dass es schon lange so im Plane stand und es genau richtig war, die Anfrage mit einem Ja zu beantworten.
Oft zeigt es sich ja erst im Nachhinein, ob eine Entscheidung unseres Lebens oder unseres Alltags richtig oder falsch war. In dem konkreten Augenblick ist es schwierig, aus dem Wirrwarr der Für- und Gegenstimmen ein klares Bild herauszulesen. Mit dem Leben und im Tun erst gelingt es uns, den Plan des Vaters zu entziffern.
Projekt mit Kontakten nach Polen
Um welche Aufgabe geht es? Die Diözese Rottenburg-Stuttgart startete ein Projekt, um Kontakte zu knüpfen in die ehemals deutschen Gebiete, die heute polnisch sind. Der heutige östliche Teil Nordpolens gehörte früher zu Ostpreußen. Da ich selbst aus Schlesien, dem heutigen polnischen Gebiet, stamme, sind mir solche Zusammenhänge gut vertraut. Zwar lebe ich schon seit über 20 Jahren in Deutschland, bin aber in Polen aufgewachsen. So wuchs meine Freude darüber, dass ich mich in meine heimatlichen Gebiete hineinarbeiten kann. Wie überrascht war ich, als ich bei der ersten Kontaktaufnahme von dem dortigen Priester erfahren habe, dass der Ort, um den es sich in unserem Projekt handelt, 5 km entfernt von Prossitten, dem Heimatdorf von Josef Engling, liegt! Er erzählte davon, als er am Telefon erfuhr, dass ich zur Gemeinschaft der Schönstätter Marienschwestern gehöre.
Josef Engling macht sich bemerkbar!
Wie schön, Josef, dass du mich gefunden hast! Immer schon war ich daran interessiert, herauszufinden, wo denn konkret dieses Prossitten in Polen liegt, denn Schlesien und das Ermland liegen weit entfernt voneinander. Nun hat mich Josef selbst „eingeladen“ und mir sein Heimatdorf nahe gebracht. Der Priester war sehr erfreut zu hören, dass ich zu den Schönstätter Marienschwestern gehöre. Mit Stolz sagte er, dass sie den Mitgründer der Schönstattbewegung bei sich haben.
Später konnte ich mit Frau Alicja Kostka sprechen und einiges über die neuesten Aktivitäten der Schönstattfamilie in Prossitten erfahren. Es war sehr erfreulich zu hören, dass das Interesse an Josef Engling wächst und dass die Schönstattfamilie dort Vieles umsetzen, bauen und neu gestalten möchte.
So bin ich – dank des diözesanen Projekts, in dem ich mitarbeite – der Heimat von Josef Engling in meiner eigenen Heimat auf die Spur gekommen. Damit erfüllte sich zugleich mein lang gehegter Wunsch, das Umfeld von Josef Englings Geburtsort, das ja im jetzigen Polen, meiner Heimat, liegt, besser kennenzulernen.
Eine weitere Überraschung
Wenige Wochen später kam eine weitere überraschende Fügung hinzu. Als ich mich in die Geschichte der katholischen Kirche in den Wirren des II. Weltkrieges in den Gebieten des Ermlandes einlesen wollte, stieß ich auf einen Namen, der mir bekannt vorkam: Bruno Schwark. Ich überlegte, ob er zum Kreis der Schönstätter gehören könnte. Es war mir nicht sofort klar, woher mir der Name bekannt vorkam. Nach meiner weiteren Recherche stellte sich heraus, dass er eine Zeit lang als Geistlicher auf der Liebfrauenhöhe tätig war. Wie kommt aber ein Priester aus dem Ermland, sogar ein dortiger Domkapitular, wie Dr. Bruno Schwark als Hausgeistlicher auf die Liebfrauenhöhe? Dr. Bruno Schwark emigrierte nach dem II. Weltkrieg infolge der starken Verfolgung der Geistlichen von Seiten der Roten Armee nach Deutschland. Hier war er als Seelsorger für die Heimatvertriebenen tätig und schließlich nahm er seinen Sitz in der jung entstandenen Niederlassung der Gemeinschaft der Schönstätter Marienschwestern auf der Liebfrauenhöhe ein. Mit 80 Jahren starb er dort 1963.
Sein Grab befindet sich sogar auf unserem Schwesternfriedhof auf der Liebfrauenhöhe! Deswegen kam mir der Name so bekannt vor. Allerdings war ich in diesem völlig anderen Zusammenhang nicht darauf gefasst, dass dieser Name, den ich in den polnischen Geschichtsabhandlungen las, zugleich auf einem unserer Gräber zu lesen ist und dass es wirklich diese eine Person ist.
Vorausschauend
Es ist sehr schön, dass im September 2021 eine Delegation mit mehreren Domkapitularen aus der Erzdiözese Ermland zu Gast auf der Liebfrauenhöhe sein wird. Ganz bestimmt gehört dann ein Spaziergang auf den Friedhof mit auf das Programm. Schließlich begegnen sich dann Mitbrüder aus derselben Heimat und bischöflichen Kurie aus Allenstein – nur ein wenig zeitlich versetzt.
Ist es nicht spannend und interessant, diese Zusammenhänge und Verflechtungen der Führung Gottes wahrzunehmen? Selbstverständlich werden die Domkapitulare dieses Grab besuchen. Wer hätte es gedacht?
Da ich mittendrin in diesem Projekt stehe, bin ich gespannt, was die göttliche Vorsehung alles in die Wege leitet und wie sich die weitere Zusammenarbeit gestalten wird.