Die kleine Schwester
mit dem goldenen Herzen
Im Kinderheim in Freudenburg bemerkte an einem Samstagabend eines der Mädchen einen kleinen Schönheitsfehler bei
Schwester M. Edgardis Karch
und posaunte das sogleich heraus. Wie sollten die Mitschwestern auf diese Situation reagieren? Spontan erwiderte die Gruppenschwester der Kinder: „Aber sie hat ein goldenes Herz!“ Seitdem war Schw. M. Edgardis die „Schwester mit dem goldenen Herzen“ und sie trug diesen Namen zu Recht. Das spürte schon ihr Heimatpfarrer, als er vor dem Eintritt von Schw. M. Edgardis in unsere Gemeinschaft schrieb:
„Sollte bei Käthe die körperliche Größe etwas zu wünschen übriglassen, so besitzt sie doch Eigenschaften des Herzens, die das bei weitem ersetzen.“
Das durften ihre Mitschwestern und alle, die ihr in den folgenden 64 Jahren ihres Lebens als Schönstätter Marienschwester begegneten, auf vielfältige Weise erleben.
1953 wurde sie in Schönstatt in unsere Gemeinschaft aufgenommen. Sie begann dort, wo sie gebraucht wurde, mit froher Tatkraft und Opferfreude, durch Treue im Kleinen, ihre Aufgaben zu erfüllen: Sei es im Garten oder Reinigungsdienst, im Speisesaal der Schwestern und vor allem viele Jahre als Sakristanin für das Kapellchen in Koblenz-Metternich. Sie verstand es, ihr oft unscheinbares Tun in den Rahmen der großen Sendung Schönstatts für die Kirche zu stellen und fruchtbar zu machen. Ihre Mitschwestern arbeiteten gerne mit ihr zusammen. Schw. M. Edgardis hatte einen feinen Spürsinn, mit dem sie wahrnahm, wo gerade etwas fehlte und wo sie helfen konnte. Ihre warme, menschliche Liebenswürdigkeit tat allen gut, die ihr begegneten.
Eigenschaften ihres „goldenes Herzens“
Es war vor allem ein warmes Herz. In ihrer Nähe konnte man sich wohl fühlen. Die Menschen suchten gerne ihre Nähe. In einem Bericht aus der Zeit ihres Wirkens in Freudenburg heißt es:
„Wir hatten in Freudenburg im Herrenwald auch eine kleine MTA-Waldkapelle. Im Mai und im Oktober machte Schw. M. Edgardis immer wieder mit den Frauen am Abend eine Wallfahrt nach dort. Die Frauen gingen gerne mit, weil sie hinterher oft noch Zeit für ein Gespräch hatte. Sie war im Dorf und in der Pfarrei sehr geschätzt, vor allem durch ihre frohe, menschliche Art und das offene Ohr für die Sorgen der Menschen.“
In dieser Aussage leuchten noch zwei weitere Eigenschaften ihres „goldenen Herzens“ auf: Es war ein frohes und ein offenes Herz. Wer Schwester M. Edgardis begegnete, schaute meistens in ein fröhliches, strahlendes Gesicht. Man spürte, sie war durch und durch positiv eingestellt, auch wenn sie so manches Schwere durchzutragen hatte. Die freudige Grundeinstellung fiel ihr nicht in den Schoß. Immer wieder litt sie unter schwierigen Verhältnissen. In den letzten Monaten ihres Lebens hatte sie auch viele Schmerzen, aber nie hörte man ein Wort der Klage von ihr. Die für ihre geringe Körpergröße oft anstrengende Arbeit tat sie gern und mit Liebe. So manche bewunderten an ihr, dass sie nie negativ über andere oder über die Gegebenheiten sprach.
Das Gegenüber wichtig nehmen
Schw. M. Edgardis verstand es, nicht sich selber, sondern das Gegenüber wichtig zu nehmen. In ihrer kontaktfreudigen Art kam sie schnell mit anderen ins Gespräch. Sie ging auf sie zu, erkundigte sich, wie es ihnen geht, hatte ein waches aufrichtiges Interesse für das, was man ihr erzählte. Vor allem ihre Aufgabe als Sakristanin des Kapellchens brachte sie mit vielen Menschen in Kontakt, z.B. mit einer indischen Frau, die zum Heiligtum kam um zu beten. Sie hatte große Sorgen um ihre Tochter und erzählte Schw. M. Edgardis immer wieder davon.
Sie hörte den Leuten zu, nahm viele Sorgen auf und versprach vor allem ihr Gebet. Dass dies für sie nicht nur leere Worte waren, durften viele spüren. Oft sah man sie lange Zeit still im Heiligtum beten. Dann konnte man den Eindruck bekommen, sie ist nun wirklich ganz bei Gott und bei der Gottesmutter. In einer anziehenden Weise war Schw. M. Edgardis tief gläubig, ja durch und durch religiös. Aus dem Glauben zu leben und den Alltag daraus zu gestalten, war bei ihr so ganz selbstverständlich und natürlich. Sie besaß ein im guten Sinn frommes Herz, das ihr ganzes Wesen und ihre Ausstrahlung geprägt hat.
Wenn wir heute auf das Leben von Schw. M. Edgardis zurückschauen, dann finden wir bei ihr keine nach außen glänzenden Großtaten. Sie war kein großer Redner, stand nie im Vordergrund. Und dennoch hat ihr schlichtes und bescheidenes Leben als Schönstätter Marienschwester durch die Ausstrahlung ihres „goldenen Herzens“ in einer besonderen Weise in den Menschen Spuren hinterlassen.
Ausstrahlung ihres „goldenen Herzens“
So kommt es, dass noch heute die Leute nach der kleinen Schwester fragen, die bei der Taufe ihres Kindes im Heiligtum dabei war, oder nach der Schwester, die für sie gebetet hat. Manche erzählen spontan, was sie mit ihr erlebt haben.
Ein junges Ehepaar, das im Heiligtum geheiratet hatte, blieb bis über ihren Tod hinaus mit ihr verbunden. Heute kommen sie mit ihren Kindern zum Grab von Schwester M. Edgardis, bringen Blumen mit und vertrauen ihr ihre Familiensorgen an. Und auch ihre Mitschwestern bekennen: „Ich war gerne mit ihr auf der Filiale“.