„Warum machen Sie das?“
Begegnung mit Pater Kentenich
in der KZ-Gedenkstätte Dachau 2022
„Warum machen Sie das?“ fragten mich beim Rundgang einige Schülerinnen mitten auf der Lagerstraße. Fast etwas aufgeregt fuhren sie fort: „Dürfen wir Sie das fragen?“ Die Klasse hatte gut mitgemacht. Es waren vor allem Jungen bei der Klassenfahrt einer Domschule aus dem hohen Norden. Im Internet hatte ich nachgeschaut, wo dieser Ort liegt und was diese Domschule auszeichnet. So wusste ich, dass die Schule schon über 1000 Jahre existiert und es dort noch heute einen altsprachlichen Zweig gibt.
Ich versuchte, den Mädchen eine Antwort zu geben, fragte zurück, was sie genau meinten. Manchmal wurde ich bei Führungen schon gefragt, wie lange ich das schon mache, ob es nicht schwer sei, aber direkt „Warum?“ war ich noch nicht gefragt worden. Im Stillen freute ich mich aber über diese Frage. Nun konnte ich etwas von unserem Gründer sagen, denn er ist der Hauptgrund, weshalb ich Führungen mache.
Ich habe den Schülerinnen erklärt, dass ich gern mit jungen Leuten arbeite, dass unser Gründer hier im KZ war und viel Gutes tun konnte, dass ich Gruppen einer religiösen Gemeinschaft, der Schönstattbewegung, nur führen darf, wenn ich auch allgemein Führungen mache und die entsprechende Ausbildung habe. Und ich möchte auf diese Weise dazu beizutragen, dass es „Nie wieder“ geschieht! Nachdem sie recht interessiert und offen waren, schlug ich vor, auf dem Weg zum Krematorium kurz in die evangelische Kirche zu gehen. Das mache ich manchmal, denn dort kann ich auf das Coventry Kreuz hinweisen und auf das wöchentliche Coventry-Gebet um Frieden und Versöhnung. Da ich die religiöse Einstellung der Schüler nicht kenne, lasse ich meist eine kurze Stille zur Besinnung und rege an, an die Menschen zu denken, die heute verfolgt werden, Not leiden …
Wir konnten den Rundgang gut abschließen. Mit dem Wetter hatten wir Glück, denn es war sehr föhnig und gewittrig. So war es nicht verwunderlich, dass ein Schüler schon zu Beginn schlapp machte. Der Zweitlehrer blieb bei ihm. Als ich nach dem Rundgang zu meinem Auto am Parkplatz kam, sah ich die Gruppe „zufällig“ nochmals. Ganz in der Nähe warteten sie an ihrem Bus. Diese Gelegenheit wollte ich nun noch nutzen und ihnen, vor allem der Lehrerin, die erstmals in Dachau war, etwas Infomaterial mitgeben: unter anderem das Gedächtnisblatt von P. Kentenich. Mit der Freude im Herzen über dieses schöne Erlebnis an einem 15. September bin ich dankbar heimgefahren.
Tage später erinnerte ich mich, dass zur „Antwort“ eigentlich noch etwas Wichtiges gehört, zumindest für mich persönlich: Es war vor einigen Jahren an einem 15. September, als ich die Zulassung zum Ausbildungskurs bekam. Zwei Jahre zuvor hatte ich im Oktober eine Absage erhalten. Es waren zu viele Bewerber. Daher sehe ich die Referenten-Tätigkeit immer als Geschenk im Auftrag unseres Gründers. Ich darf in seinen Spuren gehen, in den „Spuren eines Heiligen“. Diese Wortprägung stammt von einer Schönstattmutter und ich finde sie gerade in Dachau sehr passend.
Manche besondere Dachau-Begegnung könnte ich von diesem Sommer erzählen. Ein kleines Highlight war das
Gedenken zum 80. Todestag von P. Albert Eise.
Mit einer Bundesfamilie habe ich mich eingesetzt, dass es zustande kam. In der Schönstattpresse konnte man darüber lesen. (Gruppenfoto, Link) Schön war, dass Angehörige teilnahmen und die weite Anfahrt nicht scheuten. Ich freute mich, dass ich Kontakt zu der jungen Frau bekam, die als Schülerin – inzwischen Studentin -eines Freisinger Gymnasiums das Gedächtnisblatt über P. Eise verfasst hat. Sie hat am 3. September am Rundgang teilgenommen.
Ein besonderes Erlebnis war an diesem Wochenende für mich aber die Gespräche mit dem
ältesten Sohn eines Überlebenden, des Häftlings
Dr. Eduard Pesendorfer,
die ich sowohl im Karmel, als auch im Archiv der Gedenkstätte vermitteln konnte. Was ich da über ihn, der Oberpfleger im Krankenrevier war, erfuhr, finde ich so wertvoll, dass man es in einem Gedächtnisblatt festhalten sollte. Ich hoffe, es gelingt. Dem Sohn, der den gleichen Namen und Beruf „Dr. jur. Eduard Pesendorfer“ hat, wie sein Vater, habe ich vorgeschlagen, einen Beitrag für das GEDÄCHTNISBUCH „NAMEN STATT NUMMERN“ zu verfassen.
Da manche Interessierte verhindert waren oder zu weit entfernt wohnen, haben Schwester Ingrid-Maria Krickl und ich uns entschlossen, auch ein Online-Angebot zu machen. Diese Mitschwester in Wien hat mir in diesem Jahr schon öfter geholfen. So freuten wir uns, dass beim digitalen Abend Teilnehmer quer durch die Gliederungen der Schönstattbewegung dabei waren, sogar aus dem Ausland. Die Mühe hat sich gelohnt. Im November möchten wir nochmals Angebote zu P. Eise starten. Im Umkreis seines Namens- und Geburtstages wurde er damals ins KZ eingeliefert. Seine Marienliebe und Schönstattbegeisterung können auch uns heute entzünden!