04.01.2025

Lebensgeschichten sind Liebesgeschichten mit Gott

Sr. M. Brigitt Rosam
Deutschland

„Vor allem haltet fest an der Liebe“

mit diesem Motto startet der Familienurlaub-Plus in Wagrain, Österreich und es durchzieht wie ein roter Faden die ganzen Tage, die Impulse, Gebetszeiten und die Austauschrunden.

Besonders eindrucksvoll ist das in einer abendlichen Austauschrunde, in der die Ehepaare sich erzählen, wie sie Gott erleben, der an seiner Liebe unverbrüchlich festhält, mitgeht und wirkt.

Die Macht des Gebetes

Ein junge Mutter erzählt: Wir haben ein Sternenkind – ein Mädchen, das unmittelbar nach der Geburt gestorben ist – und wir waren deshalb bei der nächsten Schwangerschaft voller Angst und sehr aufgeregt. Tatsächlich bekamen wir dann auch hier wieder echte Hiobsbotschaften: Uns wurde gesagt, dass unser Kind eine schwere Hirnschädigung und einen Herzfehler haben wird und bereits erste Komplikationen festgestellt wurden. Die Ärzte sagten uns, wenn das Kind zur Welt kommen sollte, müsste der Herzfehler nach der Geburt operiert werden. Bei unserem Sternenkind waren es ebenfalls dieselben Organe, Herz und Hirn, die betroffen waren.

Als unsere Tochter dann – Dank sei Gott – ohne Hirnschädigung geboren wurde, musste „nur“ noch die Herzoperation überstanden werden. Wir waren kaum mehr zu etwas fähig und flüchteten uns ins Gebet.  Viele Freunde und unsere Familien waren mit uns im Gebet verbunden und wir fühlten uns derart vom Gebet getragen, dass das Vertrauen in Gottes gute Führung in uns gewachsen ist. Auch konnten wir mit großem Vertrauen unsere kleine Tochter der Kompetenz der Ärzte überlassen, so dass wir selber darüber erstaunt waren. Unser kleines Mädchen war bei dem Ganzen so ruhig und entspannt, dass selbst die Schwestern und Ärzte davon sehr überrascht waren. Heute ist sie unsere kleine Powerfrau, die gesund und munter, uns und andere jeden Tag in Atem hält. Gott hat uns durch diese Zeit getragen und die Macht des Gebetes ist für uns zum bleibenden Erlebnis geworden.

Ein Leben davor und ein Leben danach

Ein Ehemann erzählt:
Bei mir gibt es ein Leben vor 2016 und ein Leben nach 2016. Als Kind und Jugendlicher habe ich bei meinen Großeltern gelebt und oft mit meinem Opa gestritten. 2016 ist mein Großvater zum zweiten Mal an Krebs erkrankt und es war offensichtlich, dass er damit auch in die letzte Phase seines Lebens eingetreten ist. Ich habe ihn gefragt, ob er mit einem Priester sprechen möchte, was er aber vehement ablehnte. Mein Großvater war nicht religiös und stand allem Religiösem auch sehr ablehnend gegenüber. Ich persönlich merkte, wie sich bei mir von innen her das Verhältnis zu meinem Großvater änderte. Die alte Aggression ihm gegenüber war weg. Je schwächer er wurde, umso mehr wurde er offen für Gott, so dass ich ihm sogar das Vaterunser lehren konnte.

Und etwas, was ich sonst kaum für möglich gehalten hätte, war mir möglich: Ich konnte mich bei meinem Opa entschuldigen, für alles, womit ich ihn verletzt und Unrecht getan habe. Ich muss dazu sagen, dass es in unserer Familie nicht üblich ist, sich zu entschuldigen. Im Grunde wusste ich gar nicht richtig, wie man das gut macht, denn bei uns wurde immer alles unter den Teppich gekehrt. Dass es mir aber möglich war, führe ich heute auf das Rosenkranzgebet zurück, dass ich erst als Erwachsener kennengelernt habe und vor dem Sterben meines Großvaters intensiv gebetet habe. Ich habe dann allen Mut zusammengefasst und meinen Opa gefragt, ob er noch beichten möchte. Er hatte keinerlei Praxis darin und wusste auch nicht, wie das geht, war dann aber bereit dazu. Meine Oma erzählte mir, dass er ihr nach der Beichte sagte: Jetzt ist mir viel leichter, jetzt kann ich sterben. Zwei Tage später war er nicht mehr ansprechbar. Kurz danach ist er gestorben. Für uns alle war sein Sterben – wenn auch sehr schmerzlich – ein glücklicher Moment.

Nicht aufgeben

Der Mann des Begleitehepaars der Tagung erzählt:
Ich habe als Holztechniker einige Jahre in einer Firma gearbeitet, bei der ich viel auf Ausstellungs­messen gefordert war. Die Arbeitszeiten waren derart heftig, so dass ich aus dem Haus musste, während meine Familie noch schlief und abends erst dann zurückkam, wenn alle bereits im Bett waren. Wir hatten zu dieser Zeit bereits unser erstes Kind und meine Frau erwartete gerade das zweite Kind. Ich fragte mich, wie das weitergehen soll? Bei meiner jetzigen Arbeitsstelle haben meine Ehe und Familie keine Zukunft.

In unserer nächsten Nähe gibt es ein Holzbau-Unternehmen, das mir nie sonderlich aufgefallen ist. Aber auf einmal hatte ich die innere Anregung, mich dort einfach mal zu bewerben. Es war meinerseits eine Initiativbewerbung, weil die Firma keine offenen Stellen ausgeschrieben hat. Ziemlich postwendend bekam ich eine Absage. Innerlich wusste ich, dass ich mich nochmal dort bewerben muss, und ich habe mir im Gebet sozusagen Rückendeckung geholt. Also habe ich meine Bewerbungsunterlagen neugestaltet und wieder dort abgegeben. Was ich kaum zu glauben gewagt habe, ist tatsächlich eingetreten: Ich wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und arbeite mittlerweile seit 11 Jahren in diesem Unternehmen.  Mein Erleben dabei war, Gott hat mich wirklich geführt – herausgeführt aus einer Sackgasse in eine neue Weite.

Lebensgeschichten sind Liebesgeschichten mit Gott.

Das wird in dieser abendlichen Runde deutlich. Die Ehepaare haben sich durch ihre Lebensgeschichten inspiriert und sind gemeinsamer tiefer gewachsen in ihrer Beziehung zu Gott und zueinander.