Jedes Jahr im Umkreis des Geburtstags von Pater Kentenich versammeln sich die Schönstattfamilie und Freunde Schönstatts im Pater-Kentenich-Haus auf Berg Schönstatt, um dem Gründer Schönstatts zu gratulieren und einen tieferen Blick in sein Leben und in die Schönstattgeschichte zu werfen. Jedes Mal erfahren dabei auch langjährige Schönstätter neue, interessante Details und Hintergrundwissen.
Meist ist es eine eigene Geschichte, wie es zum Thema des Abends kommt. Diesmal ließ sich Schw. M. Pia Buesge anregen, näher auf das
Leben von Pater Fritz-Josef Hillebrand
zu schauen. Er kam 1910 in Benhausen bei Paderborn zur Welt. Als Junge lernte er Schönstatt kennen und trat später in die Gemeinschaft der Pallottiner ein.
Ein zweiter Josef Engling
„Blut und Feuer“ steckten in ihm. Was er anpackte, trägt die blutig ernstgenommene Konsequenz aus dem unwiderruflichen Entschluss an sich, ein zweiter Josef Engling zu werden.
Josef Engling gehörte zur Gründergeneration Schönstatts. Als Soldat im Ersten Weltkrieg setzte er alles ein für die Christusgestaltung der Welt von Schönstatt aus. Er fiel 1918 bei Cambrai/Frankreich.
Darin erblickte er Auftrag und Sinn seines Lebens, denn Schönstatt braucht Heilige: Das war seine Überzeugung! Wie Josef Engling, so ließ auch er sich im Liebesbündnis von der Gottesmutter formen und durfte dadurch eine Ausreifung seines Charakters erfahren. Vor 75 Jahren, am 28. Oktober 1944, fiel Pater Hillebrand westlich von Belgrad bei einem Einsatz als Sanitäter im Zweiten Weltkrieg.
Bleibender Eindruck
Es gibt bis heute Menschen, die sich mit Pater Hillebrand verbunden wissen. Das erfahren wir schon durch den ersten Beitrag. Schw. M. Pia stellt zunächst Janos Römer vor, dessen Bruder Joseph per Video ein Zeugnis gibt. Dieser erinnert sich an einen Besuch von Pater Hillebrand in seiner Familie, die damals noch in Betschkerek im Banat (heute Serbien) lebte. Der damals zehnjährige Junge sprach nur Ungarisch und konnte sich nicht mit ihm verständigen, doch der tiefe Eindruck, den Pater Hillebrand in ihm hinterließ, ist bis heute geblieben.
Stumme Zeugen
Die Brüder Römer erinnern sich an die Schreibmaschine, die „Pater Fritz“ während des Krieges an verschiedene Einsatzorte mitnahm, um sie für apostolische Zwecke zu nutzen. Kurz vor seinem Tod übergab er sie ihrem Vater, weil er sein Gepäck für den Einsatz an vorderster Front reduzieren musste. Die Schreibmaschine gelangte später in den Besitz der Schönstatt-Patres, ebenso wie der Messkoffer, den Pater Hillebrand im Krieg zum Zelebrieren genutzt hatte, und eines der vielen MTA-Bilder, die er verschenkt hat. Diese stummen Zeugen, die doch eine beredte Sprache sprechen, können wir heute Abend im Original sehen.
Der „große“ Großonkel
Es ist offensichtlich, dass Schw. Marieluise Fleitmann Pater Hillebrand zu seinen Lebzeiten nicht kennenlernen konnte. Trotzdem kann sie von einer Beziehung zu ihm berichten, denn er war ihr Großonkel. Über Schönstatt wusste ihre Familie längere Zeit nur, dass Schönstatt etwas mit „Onkel Fritz“ zu tun hatte. Schw. Marieluise bezeugt, dass er nach und nach „vom Himmel aus“ auch in seiner leiblichen Familie das Schönstatt-Feuer weitergab – das zeigt sich nicht zuletzt in ihrer Berufung zur Marienschwester!
Die „Hillebrand-Familie“
Beeindruckt und erheitert sind die Zuhörer von den originellen Apostolatsmethoden von Pater Hillebrand. Es drängte ihn, Schönstatt bekannt zu machen, so dass er auch während des Krieges überall Gelegenheiten dazu suchte und fand. Zum Beispiel fragte er in Geschäften nach Rosenkränzen und verwickelte dadurch die Verkäuferinnen in ein religiöses Gespräch. In mehreren Orten entstanden auf seine Initiative hin Schönstattkreise.
So geschah es auch in Mährisch-Trübau im Ostsudetenland. Eine Verkäuferin machte Pater Hillebrand auf das Kloster der Immakulata-Schwestern und die dortige Mädchengruppe aufmerksam. Als er gebeten wurde, ihnen einen Einkehrtag zu halten, nutzte er die Zeit für eine Einführung in Schönstatt – und sowohl die Mädchen als auch die Schwestern fingen Feuer. Nach ihrer Vertreibung fanden sie sich in Deutschland wieder und veranstalteten, so lange es ihnen möglich war, regelmäßige Treffen als „Hillebrand-Familie“. In den 1960er Jahren war sogar eine Begegnung mit Pater Kentenich in Schönstatt möglich. Er gab ihnen den Auftrag: „Seid Garanten, dass das Sudetenland heiliges Marienland werde.“
Lebendiger Grundstein
Von seinem Heimatort Benhausen wünschte sich Pater Hillebrand, dass es ein „Schönstattdorf“ wird. Im Jahr 2000 wurde dort ein Schönstatt-Heiligtum eingeweiht. Zu seinem 75. Todestag errichtete die Schönstattfamilie bei diesem Heiligtum einen Gedenkstein mit den Namen „Pater Josef Kentenich“, „Josef Engling“ und „Pater Franz-Josef Hillebrand“. – Auch gut 100 km von seiner Todesstelle entfernt, in Ivanovci/Kroatien, gibt es heute ein Schönstatt-Heiligtum, und die dortige Schönstattfamilie kann Pater Hillebrand als dessen lebendigen Grundstein betrachten.
Gemeinsam schließen wir den bereichernden Abend mit einem Gebet, und Herr Pater Nöthen erteilt uns den priesterlichen Segen. Dann nutzen viele die Gelegenheit, die Schreibmaschine, die Gegenstände aus dem Messkoffer und das MTA-Bild näher anzuschauen.
„Ja, wenn das Weizenkorn stirbt, bringt es hundertfache Frucht! Was macht ihr denn?“, so fragte Pater Kentenich die „Hillebrand-Familie“. Vielleicht möchte er das auch uns, die Teilnehmer an diesem Abend, die Schönstätter von heute, fragen. Was machen wir, nachdem wir das Leben eines solch glaubwürdigen Schönstatt-Apostels in uns aufgenommen haben? Das Beste ist: Lassen wir uns von ihm anstecken!