Missionsschwester Marione Ginter
berichtet von den Auswirkungen des Coronavirus auf ihre Arbeit.
Nachdem die Zeitungen berichteten, dass es in Brasilien binnen eines Tages mehr als 1000 Todesopfer in Verbindung mit dem Coronavirus gegeben hat und der Bundesstaat Sao Paulo jetzt mehr Corona-Tote zu beklagen hat als China, sorgten sich nicht wenige Bürger aus Aichhalden um Schwester Marione. Schließlich ist die Hauptstadt dieses Bundesstaates mit mehr als zwölf Millionen Einwohnern nur rund 50 Kilometer von Atibaia entfernt, wo die inzwischen 83-jährige Schwester seit 58 Jahren Missionsarbeit leistet.
Wie sie über Skype gegenüber dem Schwarzwälder Boten erklärte, sei das knapp 130.000 Einwohner zählende Atibaia bisher von dem Coronavirus weitgehend verschont geblieben. Es herrschten jedoch strenge Verordnungen. Die etwas außerhalb von Atibaia gelegene Wohnanlage, in der sie mit knapp 70 Schwestern wohne, dürfe täglich nur eine Person zum Einkaufen in die Stadt oder für einen Botengang verlassen. Mittlerweile backen sie ihr Brot selbst.
Besucher dürfen sie keine empfangen, derzeit dürften auch keine Wallfahrer kommen. „Wir haben aber das große Glück, dass ein Priester hier wohnt und wegen Corona nicht weg darf. „So gibt es für uns jeden Tag eine heilige Messe,“ was Schwester Marione als großes Glück empfindet und ihr die Gewißheit gibt: „Gott verlässt uns nicht!“Aufgrund der Beschränkungen musste sie ihre Missionsarbeit umorganisieren. Seit 24 Jahren betreut sie eine Kindertagesstätte in einem Armenviertel mit rund 230 Kindern ab drei Jahren. Sie hat dieses Zentrum einst mit geplant und aufgebaut. Dort werden die Kinder tagsüber betreut und in christlichem Geist erzogen. Die Familien dieser Kinder sind teilweise sehr arm. Viele davon kennt sie persönlich.
Mit dem gespendeten Geld aus der Heimat könne sie Lebensmittel einkaufen und an die Ärmsten verteilen. Das dies jetzt nicht mehr gehe, stellt sie eine Liste für Lebensmittelpakete zusammen, die sie mit den Adressen dieser Menschen im Markt hinterlasse. Dort könnten dann die bedürftigen Menschen dieses Paket abholen. Die Rechnung, rund 1.000 Euro im Monat, bezahlen die Schwestern. „Ich rechne alle noch im Kopf zusammen. Dass ich das noch so gut kann, hängt sicherlich damit zusammen, weil Kinder früher mit dem Vater immer Binokel gespielt haben“, schmunzelt sie.
Lebensmittelpakete würden auch in der Kita ausgegeben. Bis Ende des Monats blieben das Schwesternhaus und der Hort geschlossen. Niemand wisse, wie es danach weitergehe. „Wenn nicht bald eine Lockerung kommt, sterben hier bei uns mehr Menschen an Hunger, als an einer Krankheit“, befürchtet Schwester Marione. Deshalb ist der Kinderhort weiterhin auf Spenden aus der Heimat angewiesen.
(nach einem Artikel im Schwarzwälder Boten vom 22. Mai 2020)