16.08.2023

Glücksmomente im Alltag oder Marienkäfergeschichten

Schwester M. Ramona Schneider
Deutschland

Eine Marienkäfergeschichte

– einfach unglaublich!

Je länger ich Schönstätter Marienschwester bin, desto dankbarer bin ich für meine Berufung. Am meisten fasziniert mich die Tatsache, dass Gott auf dem Weg hin zu einer Berufung Menschen braucht, seine Schöpfung gebraucht, um mich auf sich aufmerksam zu machen.
Manchmal geschieht dies auf ganz humorvolle Weise.

Ich schaue zurück: Vor meinem Eintritt in die Schwesterngemeinschaft mache ich Verabschiedungsbesuche bei den Familien der Ministranten, mit denen ich in der Pfarrgemeinde tätig war.

Ich komme in eine Familie und das Erste, was die beiden jüngeren Ministranten bei der Begrüßung sagen:

„Ja, was haben wir von Ihnen gehört, Sie gehen in den MarienkäferORDEN?“ Da musste ich doch herzhaft lachen. Aha dachte ich, die Kombination ist ja super:

MarienSCHWESTERN –  MarienKÄFER

Und „Orden“ – na ja, wir sind ja ein Säkularinstitut, dachte ich. Den Unterschied versuchte ich, den Ministranten ein wenig verständlich zu machen.

Da mein Postulat (die sechsmonatige Einführungszeit vor der Einkleidung) eigentlich schon begonnen hatte, ich aber erst mit Verspätung dazukommen konnte, schrieb ich meinen Mitpostulantinnen:

Wisst Ihr eigentlich, dass wir im Marienkäferorden sind?
Und ich schickte ihnen zur Freude kleine Traubenzuckerstücke mit Marienkäferaufkleber.

Ob wohl Gott diese Ministranten benutzt hat, um mich auf die Marienkäfer aufmerksam zu machen? Ich bin mir sicher. Und ich kann es kaum glauben, wie viele Marienkäfer mir ab diesem Zeitpunkt über den Weg laufen oder krabbeln oder fliegen.

So ist der Marienkäfer für mich ein wunderbares Symbol

geworden, das mich immer an meine Berufung erinnert.

Aber nicht nur das. Der Marienkäfer ist im Laufe der Jahre für mich nicht nur ein Erinnerungssymbol für meine Berufung geworden, sondern ein Symbol der Realität Gottes:

  • seiner Nähe, seines Dasein im richtigen Augenblick,

  • seiner Aufmunterung,

  • seiner Bestätigung,

  • seiner Liebe.

Man muss sich nur einmal vorstellen, ich laufe im Winter, an einem kalten Novembertag, durch die Großstadt von Zagreb zur Haltestelle der Straßenbahn und bin mit vielen Dingen innerlich beschäftigt, die mich irgendwie ein wenig traurig stimmen. So ist es mir vor ein paar Jahren gegangen. Und dann plötzlich: Was ist denn da auf meinem Mantel? Ein Marienkäfer! Unglaublich, das zu dieser Jahreszeit.

Sofort ist alle meine Traurigkeit verflogen, ein Glücksmoment im grauen Alltag. Da kommt mir der Gedanke: „Ja mein Gott, du bist da, du weißt das alles, was sich in mir so bewegt“ und du sagst mir gleichsam:

„Mach dir nicht so viele Sorgen. Ich weiß darum und habe es in meinem Blick.“

Einige Zeit später habe ich eine Veranstaltung für Ehepaare in unserem ersten Schönstattheiligtum in Kroatien, in Mala Subotica. Das Treffen endet mit einem familienhaften Zusammensein. Einer der Familienväter sucht bei dieser Gelegenheit das Gespräch mit mir und fragt: „Wie kann man eigentlich so froh sein wie Sie. So möchte ich auch gerne sein, aber ich schaffe das nicht.“

Und meine Antwort.

“Ach wissen Sie, ich muss mich auch anstrengen und darum bemühen, aber was mir dabei hilft, sind die kleinen Freuden des Alltags, in denen ich erlebe, dass Gott da ist für mich.“ Und dann erzähle ich ihm von dem grauen Novembertag und dem Marienkäfer. Da sagt der Mann zu mir – halb erschrocken: „Schwester, schauen Sie mal, da krabbelt gerade ein Marienkäfer an der Wand.“

Ich dachte, unglaublich, dass der liebe Gott für diesen Mann gleichsam prompt einen Marienkäfer schickt! Das hat mich fast umgehauen, wie man so schön sagt. Aber noch viel mehr, dass Gott dadurch meine eigene Erfahrung für diesen Mann bestätigte.

Und wieder einige Zeit später. Ich mache mit Jugendlichen eine Wanderung in den Wald in der Nähe von Zagreb.
Schließlich am Ziel angekommen, sitzen wir auf Holzstämmen in der Runde zusammen. Wir haben eine inhaltliche Einheit zum Thema: Vorsehungsglaube. So beiläufig, eigentlich ungeplant, erzähle ich den Mädchen von meinen Marienkäfererfahrungen: dem Erlebnis des grauen Novembertages und der Situation, bei der mich der Mann fragte, wie man froh werden kann.

Dann stellte eine Jugendliche plötzlich fest: „Schwester, auf Ihrem Schleier krabbelt ein Marienkäfer!“

Ich kann es wieder kaum fassen, was da geschieht. Einfach unglaublich. Auch für diese Jugendlichen war dies wohl eine direkte Botschaft von Gott: Ja, ich bin wirklich da!

Seitdem benutze ich immer mal wieder die Marienkäfergeschichten während meines Vortrages, wenn ich irgendwie spüre, dass die Leute, die vor mir sitzen, eine Aufmunterung brauchen, eine Zusage, dass sie nicht allein sind mit sich und mit dem, was sie gerade erleben.

So zum Beispiel bei einem Treffen für Pilgerkreise. Es ist unter anderem ein Ehepaar anwesend, dessen Sohn sich vor einigen Jahren das Leben genommen hat, und die darunter sehr leiden. Ich konnte sehen, wie während meines Erzählens über die Marienkäfer in ihre Gesichter und in die der übrigen Teilnehmenden plötzlich Freude kam. Dies ist auch für mich zum schönsten Geschenk geworden.

Nach der Veranstaltung hat gerade dieses Ehepaar sich so herzlich und ausdrücklich bedankt beim Hinausgehen – für mich ein unvergesslicher Augenblick.

Noch eine Begebenheit möchte ich von den vielen Marienkäfer-Glücksmomenten herausgreifen. Eine Veranstaltung für Pilgerkreisteilnehmer, denen ich auch die Marienkäfergeschichte erzählte. Und auch hier: Freude kommt in die Gesichter, ein Lächeln, ein Schmunzeln, irgendwie eine gewisse Gelockertheit entsteht. Und vor dem Nachhausegehen ergibt sich dadurch eine wirklich fröhliche Schlussrunde, bei der einige Leute erzählen, wie sie Gott hinter den Ereignissen ihres Lebens entdeckt haben.

Durch die Marienkäfergeschichten ist vielen dieser Leute das Dasein Gottes im Nachhinein erst so richtig bewusst geworden: Dass er doch bei diesem oder jenem sichtlich die Hand im Spiel hatte.

Unter anderem erzählte eine Frau, dass sie schon sehr lange auf eine komplizierte Hand-Operation warte, und auf dem Weg heute zu diesem Treffen bekam sie die Nachricht mit dem Termin der OP, die schon bald sein kann. Und als Schlusssatz fügte sie bei: Das ist heute nun meine Marienkäfererfahrung.

Mit meinen Marienkäfergeschichten möchte ich allen, die sie lesen, viele „Marienkäfererfahrungen“ wünschen im Sinne von:

Gott ist da, ganz real.

Das zu entdecken, schenkt echte Glücksmomente im Alltag!

Fotos: Pexels.com